Zwischen Finanzierungsschub und Branchenrealität: Wird die Recyclingwirtschaft auf der K 2025 diskutiert?


Während die Finanzierungsbedingungen laut neuestem Bericht "Bank Lending Survey" insgesamt günstiger erscheinen, zeigt sich in der Recyclingbranche ein gegensätzliches Bild. Eine mögliche Abhilfe könnten neue Finanzierungsinstrumente schaffen: Unter anderem lanciert Recycaario auf der "K 2025" die Idee des  Ressourcenrettungs Fonds oder andere Kapitalprodukte, die den Aufkauf und die Zwischenlagerung von Kunststoffabfällen ermöglichen. Handel, Recyclingwirtschaft und Politik hätten gleichermaßen ein Interesse daran, Ressourcen in Europa zu „bunkern“.


Spürbar gestiegene Kreditnachfrage

Im zweiten Quartal 2025 verzeichneten die Banken in Deutschland in allen Kreditsegmenten eine spürbar gestiegene Nachfrage, die ihre Erwartungen deutlich übertraf. Besonders Unternehmenskredite legten zu – getrieben durch höhere Investitionen in Anlagen, Lagerhaltung und Betriebsmittel. Für das zweite Halbjahr (HJ) rechnen die Banken damit, dass sich die zuletzt noch moderaten Straffungen insbesondere im Baugewerbe und im verarbeitenden Gewerbe wieder lockern werden. Wie die untenstehende Abbildung zeigt, ragt im HJ-2 der Balken sowohl für Deutschland als auch für die EU mit rund drei Prozentpunkten in den Lockerungsbereich hinein – ein Signal, das Hoffnung macht.


Auch private Haushalte fragten verstärkt Wohnungsbau- und Konsumentenkredite nach, unterstützt durch gesunkene Zinsen und gestiegenes Vertrauen. Gleichzeitig stieg jedoch die Kreditablehnungsquote, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen, wie die Deutsche Bundesbank in ihrer Pressemitteilung zu den Juli-Ergebnissen der Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey) vom 22. Juli 2025 berichtete.


Recyclingbranche: 

Investitionsstillstand trotz günstigerem Kreditumfeld

Während die Finanzierungsbedingungen insgesamt günstiger erscheinen, zeigt sich in der Recyclingbranche ein gegensätzliches Bild. Mehrere geplante Großanlagen – darunter Projekte von Dow/Mura Technology in Deutschland, Appi in Belgien, Eastman in Frankreich, Viridor im Vereinigten Königreich und Borealis in Österreich – wurden gestoppt.

Allein durch diese Leuchtturmprojekte werden nahezu eine Million Tonnen Jahreskapazität zur Aufbereitung von recyceltem Material nicht realisiert. Weitere, regional angepasste Projekte mit insgesamt rund 400.000 Tonnen Regranulier Kapazität sind ebenfalls gescheitert – die Investitionsakten wurden vorerst geschlossen. Vor dem Hintergrund bestehender Kunststoffrecyclingkapazitäten von etwa 13 Millionen Tonnen in Europa bedeutet dies einen empfindlichen Rückschlag (s. Bild unten)


Auswahl aus einer langen Liste von abgesagten Projekten. Kostenlos hier anfordern. (Grafik Recycario 2025).

 

Ein drohendes Regranulat-Defizit bis 2030


Für Deutschland wird bis 2030 ein Angebotsdefizit von rund einer Million Tonnen Post-Consumer-Regranulaten prognostiziert – im „Advanced“-Szenario sogar mehr. Europaweit könnten es über drei Millionen Tonnen sein. Ein „Break“ im Kapazitätsausbau droht – und das ausgerechnet in einer Phase, in der regulatorische Vorgaben zur Mindesteinsatzquote von Rezyklaten steigen.

Die Diskrepanz zwischen Kreditverfügbarkeit und fehlender Rentabilität bremst Investitionen abrupt aus: Selbst, wenn Kredite verfügbar wären, fehlt es vielen Projekten an ausreichend Aussicht auf Return on Investment.


Hohe Anforderungen an Politik und Markt

Die steigende Kreditnachfrage in klassischen Branchen signalisiert Konjunkturstabilität, während zentrale Zukunftssektoren wie das Kunststoffrecycling trotz Investitionsdruck ins Stocken geraten. Sollte der Ausbau nicht zeitnah reaktiviert werden, droht in wenigen Jahren ein strukturelles Angebotsdefizit, das die Erfüllung europäischer Standards gefährdet und die Wettbewerbsfähigkeit schwächt.


Auch die Resilienz beim Ressourcenmanagement wirkt unzureichend. 

Nicht allein Produktionskapazitäten fehlen, auch Kreditlinien und stabile Rohstoffströme sind Engpässe. Der Zugriff auf Kunststoffabfälle ist in Europa trotz vorhandener Sammel- und Sortierstrukturen nicht durchgehend gesichert – und wenn, allzu oft nur zu hohen Preisen.

Die Sorglosigkeit hinsichtlich der Ressource mag erstaunen, denn langfristig setzt sich auch im Kunststoffsektor das Denken in geschlossenen Materialkreisläufen durch (siehe Grafik obend „Rangliste Einsatz von Recyclingmaterial“). 

Der akute Druck durch Betriebsschließungen und Investitionsstopps steht im Kontrast zu einem übergeordneten Trend: der wachsenden Bedeutung von Rezyklaten. Exogene Störeinflüsse wie Billigimporte oder Abfallexporte dürften mittelfristig durch regulatorische Eingriffe oder schlicht durch die Einsicht, dass regional erzeugte Rezyklate ökologisches wie ökonomisches Potenzial bergen, in den Hintergrund treten.


Aus regionalen Plastikabfällen wiederaufbereiteten Regranulaten bieten viel ökologisches und ökonomischen Potenzial, wie das Bild oben im Mehrjahresvergleich mit dem „Musterschüler Niederlande“ mit zunehmendem Vorzug im Vergleich zu fossil-basiertem Material.


Das Recycario-Institut 

lanciert die Ressourcenrettung

Wir von Recycario sind am Brennpunkt der Industrie präsent und schaffen Raum, Meinungen und Ansichten zu teilen. Einen besseren Zeitpunkt als den Herbst 2025 für neue Ideen gibt es kaum: Vom 8. bis 15. Oktober findet in Düsseldorf die K 2025 statt – die weltgrößte Messe für Innovationen der Kunststoff- und Kautschukindustrie.


Am 9. Oktober steht im Rahmen der Sonderschau Plastics Shape the Future der Circular Thursday (Halle 6, Stand C40) im Fokus. Dort sollen Wege hin zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen aufgezeigt werden. Ein passender Rahmen, um über Ideen „beyond“ zu sprechen, wie ein offenes, transparentes Lagersystem für verfügbare (noch unbehandelte) Abfälle – vergleichbar mit der Funktionsweise der London Metal Exchange (LME) im Metallbereich.

Instrumente wie Warenterminkontrakte oder „Futures Contracts“ könnten helfen, Bestände sichtbar zu machen und Recycler in Engpasssituationen besser zu versorgen. 


Die derzeitigen Plattformen erfüllen diesen Service nicht, da sie sich auf Transaktionen im Ist-Markt konzentrieren. Auch Entsorger sehen ihre Rolle eher in der Behandlung von Abfällen als in der Zwischenlagerung.


Bei Interesse fordern Sie unverbindlich genauere Details hier an oder direkt bei peter.jetzer@recycario.com


Wir treffen uns in Düsseldorf!